Cary Buraty im Gespräch

von | 29/08/2020 | Campus Einblicke

Interview mit Cary Buraty

Über die Essenz systemischer Arbeit, Gründen in Corona-Zeiten, die Magie des Ammersees

1. Frau Buraty, Sie sind Lehrcoach, Trainerin, Change Managementberaterin und Gründerin des Campus am See am Ammersee. Was ist der Campus genau?

Der Campus am See ist ein Aus- und Weiterbildungsinstitut für systemische Coaches, Therapeuten, HR-Experten und Führungskräfte. Wir wollen einen Raum für berufliche, fachliche und auch persönliche Weiterentwicklung im Kontext systemischer Arbeit schaffen. Dazu gehören eine professionelle einjährige Coaching-Ausbildung und ein modulares Weiterbildungsangebot, für alle, die ihr Wissen erweitern oder vertiefen möchten.

2. Was versteht man überhaupt unter systemischem Coaching bzw. systemischer Arbeit?

Ich starte mal damit, zu erklären, was Coaching überhaupt ist: Coaching ist eine Methode, Menschen bei der Suche nach Problemlösungen, so zu begleiten, dass sie mit ihren eigenen Fähigkeiten, selbst zu ihrer Lösung finden. Ein Coach gibt keine Tipps oder Ratschläge, sondern ist Prozessbegleiter auf dem Lösungsweg.
Systemisches Arbeiten bedeutet in diesem Kontext, dass alle Faktoren, Dynamiken, Sichtweisen die es in ‚Systemen‘ gibt, einbezogen werden. Wir alle sind Teil mehrerer Systeme, wie zum Beispiel unserer Familie, unseres Teams bei der Arbeit oder unseres Sportvereins. Ein systemischer Coach wird das Thema seines Klienten nie losgelöst vom relevanten Umfeld betrachten. Wenn zum Beispiel jemand wegen eines heftigen Konflikts mit einem Kollegen ins Coaching kommt, wird auch beleuchtet, welche Rolle Teamdynamiken, das Verhalten der Führungskraft oder auch die Firmenkultur für die Lösung spielen.

3. Wie kamen Sie auf die Idee für den Campus am See?

Schon seit 2006 arbeite ich als Trainerin und Dozentin und habe lange als Lehrcoach Coaching-Ausbildungen an einem Institut geleitet. Die Arbeit mit Gruppen und das Vermitteln von Wissen hat sich über die Jahre immer mehr zu meiner Berufung entwickelt. Als ich dann 2016 von München raus an den Ammersee gezogen bin, ist in mir die Vision gewachsen, hier selbst einen aus meiner Sicht idealen Lernraum zu schaffen, in dem sich Menschen entwickeln können.

4. Und wieso gerade der Ammersee?

Durch den Umzug habe ich erlebt, was es mit mir persönlich macht, in diesem Umfeld zu leben und zu arbeiten. Der Ammersee hat eine ganz besondere Energie. Die offene, freie Atmosphäre hier bietet einen besonders guten Rahmen für leichtes Lernen. Die Nähe zu München, die hohe Dichte an kreativen Menschen, die Natur und die offenen Seezugänge und nicht zuletzt die gute Infrastruktur mit Restaurants und Cafés sind der perfekte Rahmen für entspannte Entwicklung. Wer möchte, hat hier die Möglichkeit, die Wochenenden währender Coaching-Ausbildung, als Entwicklungsauszeit zum Auftanken und Durchatmen zu nutzen.

5. So eine Gründung in mitten der Corona-Krise durchzuziehen, geht vermutlich nicht ohne schlaflose Nächte?

Oh ja, die gab es! Die Dynamik der Entwicklung hat mich wie viele andere Unternehmer und wahrscheinlich fast jeden kalt erwischt. Wir mussten hier und da Pläne anpassen, und ich freu mich sehr, dass unser Programm gut angenommen wird und der erste Ausbildungsjahrgang bereits ausgebucht ist. Meine feste Überzeugung ist, dass Coaching gerade in Krisenzeiten einen immensen Wert hat, weil es Menschen beim Entwickeln von Zuversicht und neuer Perspektiven unterstützen kann. Nicht zuletzt hilft mir auch meine systemische Denkweise dabei, einer so beunruhigenden und kaum beeinflussbaren Situation wie dieser Krise konstruktiv zu begegnen.

6. Immer mehr Menschen lassen sich von einem professionellen Coach im Job oder auch im Privatleben begleiten. Was steckt hinter dieser Entwicklung?

Zum einen wird unser Alltag in rasantem Tempo komplexer. Früher lief vieles linear. Standardthemen konnten noch mit Standardlösungen beantwortet werden. Im komplexen Heute kann Coaching helfen, in unübersichtlichen Situationen eine Außenperspektive auf ein Problem zu bekommen und die Gedanken zu sortieren.
Zum anderen liegt der Trend zum Coach an den Veränderungen in der Arbeitswelt. Noch vor ein paar Jahren war Business Coaching meist allein Führungskräften vorbehalten. Heute sind Hierarchien flacher, der Umgang mit Fehlern wird langsam entspannter und es wird mehr und mehr salonfähig, offen mit seinen persönlichen und fachlichen Entwicklungsthemen umzugehen und dafür auch Hilfe anzunehmen – egal ob man formale Führungsverantwortung hat oder in erster Linie sich selbst führt.

7. Was brauchen Menschen, um Lernen zu können?

Um sich neue Dinge anzueignen und sich zu entwickeln, braucht es zu allererst Freude am Lernen. Dazu gehört auch ein freundliches Umfeld mit freudvollen Menschen. Hinzu kommt natürlich eine gute Didaktik, die Erfahrungen auf mehreren Ebenen ermöglicht. Deswegen ist mir der hohe Praxisanteil in unserer Ausbildung so wichtig. Es geht nicht nur um rationales Verstehen, sondern auch ums Tun, also direktes Erleben. Und immer dann, wenn Menschen von Menschen lernen wollen, sollte eine Sympathie zwischen Lehrendem und Lernenden da sein. Darum führe ich ein persönliches Vorgespräch mit unseren Bewerbern und bitte sie, aktiv zu reflektieren, ob ich das passende Gegenüber für sie bin. Fürs Lernen ist es definitiv zuträglich, jemanden vor sich zu haben, mit dem die Chemie stimmt.

Frau Buraty, herzlichen Dank für das Gespräch.

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