Erwartungen und Akzeptanz

von | 20/04/2021 | Impulse & Tool-Tipps

Falsche Erwartungen führen zu Enttäuschung 

Mithilfe von Akzeptanz falsche Erwartungen enttarnen 

In der systemischen Arbeit unterstützen wir Klienten*innen unter anderem dabei, ihr Leben nach ihren eigenen Zielen aktiv zu gestalten. Dabei stoßen wir regelmäßig auf das Thema „Erwartung und Enttäuschung“, und dieses Duo möchten wir heute einmal näher beleuchten.

Was sind eigentlich Erwartungen genau?

Erwartungen sind in der Regel Einstellungen, die sich auf unsere Zielvorstellungen beziehen und gleichzeitig eine gedankliche Vorwegnahme von Ereignissen, die in der Zukunft liegen. Wenn wir Erwartungen hegen, befinden wir uns also in einer Art Schwebezustand, in dem wir unsere eigenen Vorstellungen in den Vordergrund bringen. Man könnte sogar sagen, dass Erwartungen nichts anderes als unsere Wünsche sind, wie etwas sein oder sich entwickeln soll. Wichtig ist es, sich darüber im Klaren zu sein, dass Erwartungen also nur unserer eigenen Perspektive und Vorstellung, wie etwas zu sein hat entspringen und nicht die Wahrheit sind.

Der Einfluss von Erwartungen.

Und genau hier beginnen oft schon die Probleme: Erwartungen entstehen also erst durch den Abgleich von einem IST (das was ist) mit einem SOLL (das was sein soll). Just in diesem Moment entsteht dann eine Ist-Soll-Diskrepanz in unserer Wahrnehmung. Im besten Fall entwickelt das SOLL dann eine Sogwirkung und gibt uns als gestecktes Ziel eine neue Ausrichtung, motiviert uns im Hinblick auf Veränderung, bringt uns in Bewegung etc. Bewirkt also all die guten Dinge, die wir uns auch im Coaching durch eine explizite Zieldefinition zunutze machen. Gleichzeitig wird dadurch klar, dass also gar kein Probleme erlebt werden, ohne dass wir eine Zielversion aufgebaut haben, von der ein gelebter Ist-Zustand abweicht. Ein ganz aktuelles Beispiel: Wir haben Angst, (»Ist«) möchten uns jedoch gerne sicher fühlen (»Soll«).

Wenn nun allerdings dieses SOLL als nicht erreichbar erscheint oder wir möglicherweise Ressourcen benötigen, die sich unserem Zugriff entziehen, um das Ziel zu erreichen (andere Menschen, Faktoren, Systeme usw.), kreieren wir in uns ein Problem und unsere damit einhergehende künftige Enttäuschung: in unserer Erwartung machen wir uns die Welt also so, wie wir sie gerne hätten. Da die Welt jedoch so ist, wie sie ist und sich nicht nach unserer Erwartung richtet, ist Enttäuschung eben vorprogrammiert. „Falsche“ Erwartungen mindern dadurch die Qualität unseres Lebens und unseres Lernverhaltens.

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Das Risiko von Erwartungen.

Erwartungen im Alltag versetzen uns in der Regel also in eine einengende und abhängige Position und drängen uns sehr schnell in eine Opferhaltung, weil das Erwartete vielleicht nicht eingetreten ist oder eintreten wird. Werden Erwartungen bestenfalls erfüllt, ersetzen wir sie interessanterweise gerne direkt durch neue, größere Erwartungen. Solange, bis wir an eine Erwartungsgrenze geraten, die nicht erfüllt wird, was uns dann wiederum frustriert zurücklässt. Es besteht zudem die Gefahr, dass wir uns von unseren Erwartungen abhängig machen und folglich nicht offen bleiben für die Situation und deren Möglichkeiten, wie sie tatsächlich ist.

Umgang mit Erwartungen.

Erwartungen gehören zweifelsohne zum Leben und wir würden uns selbst etwas vormachen, wenn wir behaupten, wir könnten uns komplett von ihnen frei machen. Viel wichtiger ist es erst einmal, bei uns selbst und als Coach auch bei unseren Klienten*innen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was Erwartungen mit uns selbst, aber auch mit denjenigen, die unsere Erwartungen spüren, machen. Wie bereits erwähnt, beeinflussen Erwartungen unser Fühlen, Denken, Handeln und unsere Wahrnehmung maßgeblich.

Das können wir uns im Umkehrschluss nun z.B. im Coaching zunutze machen (Utilisationsprinzip), indem wir bewusst mit Erwartungsinduktion bzw. Erwartungsaktivierung arbeiten. Die Erwartung positiver Veränderungen setzt nachweislich positive Prozesse in Gang und kann unsere Klient*innen dabei unterstützen, realistische Ziele zu erreichen. Dies gelingt beispielsweise durch das Erforschen von positiven Veränderungen oder Erfolgen in der Vergangenheit, die wiederum dazu beitragen, dass wir gemeinsam mit unseren Klienten*innen eine positive Erwartungshaltung gegenüber der Zukunft kreieren und sich damit die gesteckten Ziele leichter erreichen lassen. Wir können also durch die bewusste Arbeit mit Erwartungen die Kraft der vorhandenen Ressourcen noch verstärken.

Eine kleine Randnotiz: Unter bestimmten Voraussetzungen können Erwartungen natürlich auch hilfreich sein, beispielsweise dann, wenn sie sich auf Versprechen, Verabredungen, Vereinbarungen und Verträge beziehen: Die Vertragspartnerinnen können erwarten, dass die eingegangenen Verbindlichkeiten auch erfüllt werden. Erwartungen können uns also auch ein Gefühl von Stabilität und Berechenbarkeit verschaffen.

Welche Möglichkeiten haben wir nun Enttäuschungen zu vermeiden und die „richtigen“ Erwartungen zu etablieren?

Um es mit einem leicht abgewandelten bekannten Spruch zu sagen: „Ich wünsche mir die Gelassenheit, zu akzeptieren, was nicht zu ändern ist, die Kraft zu ändern, was zu ändern möglich ist und die Weisheit, das eine von dem anderen zu unterscheiden.“

Wir sollten uns damit auseinandersetzen, an welchen Stellen es realistischen Gestaltungspielraum gibt und wo wir möglicherweise auch schlichtweg mit unveränderlichen Restriktionen konfrontiert sind. In Bezug auf die IST-SOLL-Diskrepanz bedeutet das: bewusst zu überlegen, wo wir uns ein SOLL kreieren und wie genau dieses SOLL unter dem Aspekt der eigenen Gestaltungsmöglichkeiten auszusehen hat. Und gleichzeitig klar zu werden, an welchen Stellen wir besser direkt akzeptieren, dass es momentan keinen Sinn macht, ein SOLL zu etablieren, dessen Eintrittswahrscheinlicht eher gegen null läuft.

An unserem einfachen Beispiel von oben könnte das bedeuten: wenn wir Angst haben und uns sicher fühlen möchten, dann konzentrieren wir uns doch gleich von Anfang an auf die Aspekte, die wir selbst gestalten können (das sind meist viel mehr, als wir im ersten Moment meinen…) und alles, was sich unserem Gestaltungsspielraum entzieht – zumindest für den Augenblick – zu akzeptieren. Diese Vorgehensweise spart nämlich nicht nur unnötige Energie (die wir wieder für andere Dinge zur Verfügung haben), sondern verhindert eben genau die Enttäuschung, die uns frustriert zurücklässt. Wir arbeiten also einem SOLL, an dem es sich im Sinne des ROI (Return on Invest) wirklich zu arbeiten lohnt!

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In diesem Sinne – lasst uns gemeinsam in unseren Systemen Gutes tun!

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